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AutorenbildProf. Dr. Richard Schmidt

Die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Eine Chance zur Senkung der Gesamtsteuerbelastung

Ein entscheidender Standortfaktor für Unternehmen ist nicht selten die Höhe der örtlichen Gewerbesteuer. Nicht selten fragen sich Unternehmer, in welcher Gemeinde sie sich zur Steueroptimierung niederlassen sollen. Dabei wird oft übersehen, dass Einzelunternehmen und Personengesellschaft durch das Zahlen von Gewerbesteuer Ihre Gesamtsteuerbelastung sogar senken können.


Die Grundlagen der Gewerbesteuer


Die Gewerbesteuer (GewSt) ist eine der zentralen Einnahmequellen für deutsche Gemeinden (§ 1 GewStG) und wird auf den Ertrag eines Gewerbebetriebs erhoben (§§ 2; 7 GewStG). Sie ist eine bedeutende Steuer zur Finanzierung kommunaler Aufgaben, wird jedoch von vielen Unternehmen als lästige Zusatzbelastung empfunden. Dabei gibt es für Einzelunternehmer und Personengesellschaften einen interessanten Anrechnungsmechanismus, der die Gesamtsteuerbelastung reduzieren kann.


Alle gewerblichen Unternehmen in Deutschland sind gewerbesteuerpflichtig, darunter Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Die Gewerbesteuer wird von den Gemeinden erhoben und ihr Hebesatz variiert stark je nach Gemeinde. Der Steuermessbetrag, der zur Berechnung herangezogen wird, beträgt bundesweit 3,5% des modifizierten Gewerbeertrags, der nach bestimmten Hinzurechnungen und Kürzungen berechnet wird (§ 11 Abs. 2 GewStG).


Die Anrechenbarkeit auf die Einkommensteuer


Ein besonderer Vorteil für Einzelunternehmer und Personengesellschaften ist die Möglichkeit, die gezahlte Gewerbesteuer gem. § 35 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnen.


Diese Regelung will primär eine doppelte Besteuerung verhindern, mindert in der Gesamtrechnung allerdings die steuerliche Gesamtbelastung. Dies liegt daran, dass die Einkommensteuer gleichzeitig Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlages ist; durch eine geringere Einkommensteuerbelastung mindert sich automatisch auch die Höhe des erhobenen Solidaritätszuschlages.


Wichtig ist, dass diese Anrechnung ausschließlich bei der Einkommensteuer und nicht bei der Körperschaftsteuer (KSt) möglich ist. Daher profitieren nur Einzelunternehmer und Personengesellschaften von dieser Regelung, nicht aber Kapitalgesellschaften.


Anrechnungsmechanismus mit Beispielrechnung


Die Anrechnung der Gewerbesteuer erfolgt in Höhe des 4,0-fachen des Steuermessbetrags, maximal jedoch bis zur tatsächlichen Gewerbesteuer. Dies mindert nicht nur die Einkommensteuer, sondern indirekt auch den Solidaritätszuschlag (Soli), da dieser auf die festgesetzte Einkommensteuer berechnet wird.


Beispiel: Ein Einzelunternehmer hat einen modifizierten Gewerbeertrag von 1.000.000 Euro. Der Steuermessbetrag bei einem Hebesatz von 400% wird wie folgt berechnet:



Position

Betrag


Gewerbeertrag

   1.000.000,00 €

-

Abzgl. Freibetrag

         24.500,00 €

=

Verbl. Gewerbeertrag

      975.500,00 €

x

Steuermessbetrag (3,5%)

         34.142,50 €

x

Gewerbesteuer (400%)

      136.570,00 €

=

Gewerbesteuer

      136.570,00 €

 

Die Anrechnung auf die Einkommensteuer beträgt das 4,0-fache des Steuermessbetrags, also 136.570 Euro (34.142,50 Euro x 4,0), jedoch nicht mehr als die gezahlte Gewerbesteuer. Somit werden 136.570 Euro auf die Einkommensteuer angerechnet:



Position

Betrag


Einkommensteuer

      300.000,00 €

-

Abzgl. Gewerbesteuer

      136.570,00 €

=

Einkommensteuer (Rest)

      163.430,00 €

 

Da der Solidaritätszuschlag 5,5% der festgesetzten Einkommensteuer beträgt, reduziert sich dieser durch die Anrechnung der Gewerbesteuer. Angenommen, die festgesetzte Einkommensteuer ohne Anrechnung beträgt 300.000 Euro, so ergibt sich ein Solidaritätszuschlag von 16.500 Euro (300.000 Euro x 5,5%).


Nach Anrechnung der Gewerbesteuer sinkt die festgesetzte Einkommensteuer auf 163.430 Euro (300.000 Euro - 136.570 Euro). Der neue Solidaritätszuschlag beträgt somit 8.988,65 Euro (163.430 Euro x 5,5%), was eine Ersparnis von 7.511,35 Euro (16.500 Euro - 8.988,65 Euro) bedeutet:


Position

Mit GewSt

Ohne GewSt


Einkommensteuer

      300.000,00 €

      300.000,00 €

-

Abzgl. Gewerbesteuer

      136.570,00 €

                        -   €

=

Einkommensteuer (Rest)

      163.430,00 €

      300.000,00 €

x

Solidaritätszuschlag (5,5%)

           8.988,65 €

        16.500,00 €

=

Ersparnis

           7.511,35 €

                        -   €

 

Fazit


Die Möglichkeit der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer bietet Einzelunternehmern und Personengesellschaften ein erhebliches Sparpotenzial, insbesondere in Gemeinden mit einem Hebesatz von 400%. Durch die Anrechnung reduziert sich nicht nur die Einkommensteuer, sondern auch der Solidaritätszuschlag, was die steuerliche Gesamtbelastung deutlich senkt. Für diese Unternehmensformen ist es daher besonders wichtig, die Anrechnungsmechanismen zu kennen und in ihre Steuerplanung einzubeziehen.

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